Religion im Computerspiel: Petraner versus Jakobaner

06/14/2011

Das Computergame «Die Sims» macht in seinem neusten Teil einen Sprung in die Vergangenheit – neben Spielspass bietet «Die Sims: Mittelalter» religiöse Satire und kühne Aussagen über Gott und die Welt.

Von Oliver Steffen *

In «Die Sims: Mittelalter» gilt es, ein Königreich aufzubauen. Auf einer begrenzten Fläche erstellen die Spielenden nach und nach unterschiedliche Gebäude. Die dafür erforderlichen Königreichpunkte erhalten sie durch das Lösen von Quests, in denen sie einen oder mehrere von insgesamt zehn Helden durch das etwas detailarme Reich steuern. Diese können nach dem Geschmack der Spielenden erstellt werden, vom Aussehen über die Kleidung bis zu zwei persönlichen «Merkmalen» und einer «grössten Schwäche».

Die beiden Letzteren wirken sich auf die «Konzentration» eines Helden aus, die massgebend ist für Qualität und Resultat einer Handlung. Die Herausforderung besteht darin, den Konzentrationslevel durch die Deckung der Bedürfnisse Essen und Schlafen sowie durch angenehme Tätigkeiten und Erfahrungen im grünen Bereich zu halten und dabei teils komplexe Aufgabenketten zu lösen.

Die Wächter
Erstmals in einem Sims-Spiel ist auch Religion mit von der Partie: Der Spieler erhält die Rolle des «Wächter» zugesprochen, eine Gottheit, die das Königreich durch die Helden wohlwollend lenkt. Neben Zauberei gibt es ausserdem zwei religiöse Glaubensgemeinschaften: Die Petraner verkörpern Züge eines asketischen Mönchtums und glauben an einen wohlwollenden Wächter. Die Jakobaner dagegen mögen es luxuriös und lehren ihre Gläubigen das Fürchten vor einem zornvollen Wächter. Sowohl der petrische Priester wie der jakobanische Abt gehören zu den steuerbaren Helden. Ihre Animationen stecken voller Satire – so ist es witzig, dem stolzen jakobanischen Abt, der seine Krone nicht einmal beim Schlafen ablegt, bei einer flammenden Predigt in der «Simlisch»-Sprache zuzuschauen.

Alle Helden können einen Glauben annehmen, wechseln oder agnostisch bleiben – sind sie religiös aktiv, wirkt sich dies positiv auf ihre Konzentration aus. Nebenbei parodiert das Spiel einige weltanschauliche Vorstellungen: Menschen sind ursprünglich agnostisch, es sei denn, sie werden durch Priester bekehrt; der menschliche Willen ist frei, es sei denn, eine Gottheit erteilt uns Befehle, über deren Herkunft wir uns nicht weiter wundern; der waltende Gott ist nicht nur ein Kontrollfreak, der sogar die Häuser der Helden bis ins Detail einrichtet, er ist auch ein Workaholic, der sich durch «Errungenschaften» vom «Blickschmied» zum «Super-Seher» hocharbeitet.

Die Bedienung des Spiels erfordert etwas Eingewöhnungszeit. Sind einmal alle Gebäude gebaut und alle Helden gespielt, verliert «Mittelalter» aufgrund der wenig vielfältigen und wiederholenden Aufgabe- und Handlungsmuster an Schwung. Bis dahin bezaubert es während vieler Stunden durch Humor, niedliche Animationen und passende Klänge – und lädt zum Nachdenken ein über Gottesbilder und den freien Willen.

Angaben zum Spiel: Die Sims: Mittelalter (The Sims Studio/EA Games 2011). Für Mac und PC. Preis: ca. Fr. 65.- (Ladenversion, normale Ausgabe). PEGI-Alterseinstufung: Ab 12 Jahren.

* Oliver Steffen ist Doktorand am Institut für Religionswissenschaft der Universität Bern. Im Rahmen des vom Schweizerischen Nationalfonds geförderten Projekts «Between God Mode and God Mood» erforscht er die Zusammenhänge von Computerspielen und Religion. http://www.god-mode.ch/